Letzte Aktualisierung am 14.04.2024 um 19:30 Uhr

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FIGO, Stautzi, Wicky und Roland81 waren dabei

Es war ein Kellerduell, in das Werder Bremen alles hineinwerfen wollte. Doch es wurde zum sportlichen Offenbarungseid. Mit 0:5 (0:4) verlor der Tabellen-15. der Bundesliga im eigenen Stadion gegen Mainz 0:5 und lieferte dabei eine historisch schlechte erste Halbzeit ab. Der Spielbericht der DeichStube*.

Robin Quaison mit drei Toren (10., 24., 38.) sowie eine tragikomische Eigentor-Koproduktion von Milos Veljkovic und Jiri Pavlenka (15.) sorgten für den höchsten Pausenrückstand in der Bundesliga-Historie von Werder Bremen. Jean-Philippe Mateta setzte für den FSV Mainz 05 spät noch einen drauf (82.). Durch die Pleite wird sich auch die Diskussion um Trainer Florian Kohfeldt verschärfen. Am Samstag geht es für die Bremer noch nach Köln – eine letzte Chance noch, vor der Winterpause den Eindruck zu verwischen, dass sich diese Mannschaft im freien Fall Richtung Liga zwei befindet.

Auf zwei Positionen besetzte der Werder-Coach seine Startelf im Vergleich zum Spiel gegen Bayern München neu. Innenverteidiger und Kapitän Niklas Moisander meldete sich fit, ebenso Mittelfeldmann Leonardo Bittencourt. Wichtiger als die Änderungen auf dem Spielberichtsbogen, war es jedoch, die Änderung in den Köpfen der Spieler herbeizuführen. „Wir müssen nach dem enttäuschenden 1:6 in München eine Reaktion zeigen“, hatte Sportchef Frank Baumann gefordert. Und die Fans in der Ostkurve formulierten ihre Botschaft an die Mannschaft auf einem Banner so: „Zerreißt euch für das Trikot mit der Raute!“

Werder Bremen liegt nach 19 Minuten mit 0:3 gegen Mainz 05 hinten

Aber: Die einzigen, die dann etwas zerrissen, waren die Mainzer: Und zwar zerrissen sie von Anfang an konsternierte Bremer in der Luft. 3:0 führten die Gäste nach nur 19 Minuten – es war ein Fiasko unvorstellbaren Ausmaßes für das Kohfeldt-Team. Wo war der Lerneffekt nach dem Bayern-Spiel? Wo die eingeforderte Reaktion? Wo die Ordnung in der Defensive? Wo der Wille, etwas zu erzwingen? Wo die giftigen Zweikämpfe? Alles nicht vorhanden! Zählt man von der 44. Minute des Bayern-Spiels bis zur 19. Minute gegen Mainz, so kassierte Werder Bremen in 70 Minuten (inklusive Nachspielzeiten) neun Gegentore.

Die gängigen Begriffe wie desolat, desaströs, blamabel, kläglich etc. reichen kaum aus, um zu beschreiben, was Werder vor 41.000 Zuschauern im Weserstadion zeigte. Und es begann in der zehnten Minute. Der Ex-Bremer Levin Öztunali passte aus dem Zentrum steil auf Robin Quaison, der unbedrängt verwandelte. Das 0:2 folgte wenig später und war so etwas wie die Verquickung von Inkompetenz und Pech. Eine Öztunali-Flanke bugsierte Milos Veljkovic unbeholfen mit dem linken Knie an den Pfosten des eigenen Tores, von wo der Ball an den Rücken von Keeper Jiri Pavlanka prallte – drin (15.). Geht's noch schlimmer? Nein geht es nicht. Auch wenn die Szene sicherlich unglücklich war, blieb ein Eindruck doch unumstößlich bestehen: Werder machte sich nach allen Regeln der Kunst lächerlich. Alle Probleme, die diese Mannschaft mit sich schleppt, zeigten sich mit brutaler Vehemenz.

Werder Bremen: Abstieg in zweite Liga ist 40 Jahre her

Nicht nur wegen des 0:2, sondern weil die Bremer Defensive absolut plan- und hilflos wirkte. Siehe auch das 0:3. Boetius passte durch die Abwehrkette, Robin Quaison verwandelte (19.). Wieder waren die Bremer nur staunende Statisten. Und dann auch noch das: 0:4 nach einer Stanardsituation – mal wieder. Einen Eckball verlängerte Szalai per Kopf auf Quaison, der am langen Pfosten so alleine gelassen worden war von seinen Gegenspielern, als hätte er eine hochansteckende Krankheit. Torfieber vielleicht, denn es war nach 38. Minuten schon der dritte Treffer des Schweden.

Die Bremer Fans, die direkt nach dem 0:1 noch eine positive Reaktion gezeigt und das Team angefeuert hatten, waren längst umgeschwenkt. Pfiffe gellten durch das Stadion. Die Illusion, das 0:1 gegen Paderborn und das 1:6 gegen die Bayern wären nicht das wahre Bremer Gesicht gewesen, war allen genommen. Das ist keine Maske bei Werder, das ist die hässliche Realität. 0:4 zur Pause – das hatte es in der Bundesliga-Geschichte der Bremer noch nie gegeben. Nicht mal in der Abstiegssaison 79/80. 40 Jahre ist der bislang einzige Gang in die zweite Liga her, und es ist seit Dienstagabend sehr, sehr denkbar, dass sich Geschichte wiederholen wird.

Werder Bremen: Aufgabe statt Abstiegskampf gegen Mainz 05

Klar ist: Die Horror-Halbzeit gegen Mainz raubt auch den Kohfeldt-Befürwortern die Argumente. Vier Tore kassiert, selbst nur einen Pfostenschuss durch Bittencourt zustande gebracht (41.) – das war nicht Abstiegskampf, das war Aufgabe. Defensiv sowieso und offensiv auch. Oder wie ist es zu erklären, dass Werder Bremen immer wieder hohe Flanken in den Strafraum schickte, obwohl da kein Kopfballspieler wartete? Konzeptlos nennt man so etwas.

Wie demütigend der Abend für die Bremer war, zeigte auch eine Szene in der Coaching-Zone. Davy Klaassen hatte einen Zettel mit Kohfeldt-Anweisungen gelesen und direkt vor die Füße von Achim Beierlorzer geworfen. Doch der Mainzer Coach spionierte nicht, sondern reichte das Papier an den Vierten Offiziellen weiter. Wer so komfortabel führt, kann sich diese Größe locker erlauben. (csa)

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